Die Ausgangslage
Wie bereits einleitend erwähnt, stellt das komplett erhaltene Jüdische Ensemble in Berkach eine Ausnahmeerscheinung dar – ein Umstand, welcher einen besonders verantwortungsvollen und bewussten Umgang und Zugang erfordert. Hat die Synagoge 1991 auch restauriert eine neue Einweihung erlebt, erfüllten sich bisher doch noch nicht die damaligen Erwartungen, dieses kulturgeschichtliche Kleinod regelmäßig einer interessierten Öffentlichkeit nahe zu bringen und mit neuem Leben zu erfüllen, stellt sich noch immer die Herausforderung nach einer adäquaten, langfristig tragfähigen Nutzung. Wie verbindet sich das Erbe dieses Ortes mit aktuellen Fragen unserer Zeit? Seit mehr als zehn Jahren bemühen sich Mitglieder unseres Vereins, das in Thüringen einmalige jüdische Ensemble Berkachs in das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit zu rufen und als ein Kleinod der Thüringer Kulturlandschaft zu neuem Leben zu erwecken. Unser Anliegen ist dabei die schrittweise, historisch authentische und ökologische Sanierung des Ensembles für den Aufbau einer bundesweit bedeutsamen, humanistischen Begegnungsstätte. Zum hierfür einbezogenen Anwesen gehört neben der Synagoge und der Jüdischen Schule auch ein unmittelbar benachbarter, denkmalgeschützter Vierseithof. Erste Erfolge, etwa die erfolgreich abgeschlossene erste Sanierungsphase des denkmalgeschützten, sogenannten „Austragshauses“ als Teil dieser Hofanlage, eine aufwendige Bestandsaufnahme durch StudentInnen der Weimarer Bauhaus-Universität, die Einrichtung einer Dauer-Ausstellung in der Synagoge und ein zunehmendes Medieninteresse setzen Zeichen fur die Zukunft.
Die künftige Entwicklung
Inzwischen ist das Projekt in seiner inhaltlichen Ausrichtung zum Dach für eine Gruppe einander inspirierender Themen geworden, welche sich parallel entwickeln – zum Teil erst konzeptionell, zu einem anderen Teil bereits konkret umgesetzt:
1. die Wiederbelebung jüdischen Lebens vor Ort durch ein überregionales Angebot an jüdische Familien, SchülerInnen, Einrichtungen, KünstlerInnen und VerantwortungsträgerInnen (Gast-Aufenthalte, Freizeiten, Feste, Arbeitstreffen, Seminare u.a.) und die Beförderung eines nachhaltigen Tourismus´ in Berkach und dem Grabfeld zum jüdischen Erbe,
2. eine kulturelle Widmung durch Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Installationen und die Etablierung Berkachs als ein Austragungsort regelmäßiger Konzerte und Meisterklassen mit dem Schwerpunkt jüdischer Musik in Zusammenarbeit mit regional bedeutsamen Festivals (ACHAVA Festspiele Thüringen, Jewish Summer Weimar u.a.), der Max-Reger- Musikschule Meiningen, dem Musik-Gymnasium Weimar und der Weimarer Hochschule für Musik Franz Liszt sowie
3. Angebote für Bildung und Begegnung auf der Basis eines verantwortungsvollen, wissenschaftlich forschenden und dokumentierenden Umgangs mit dem jüdischen Erbe Berkachs und der Region, die Ausrichtung verschiedenster Bildungsangebote zur Entwicklung einer Kultur der Offenheit und Toleranz und insbesondere durch die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen des Ortes aber auch von PraktikantInnen und Workcamp- TeilnehmerInnen in die praktisch greifbaren Umsetzungsschritte des Projektes.
Mit finanzieller Unterstützung des Landkreises und unter Beteiligung verschiedenster FachplanerInnen wurde eine Machbarkeitsstudie zur künftigen Entwicklung des Ensembles erarbeitet. Sie eröffnet erstmals die Gelegenheit, einen strukturierten Überblick über Ausgangslage, Potential und künftige Entwicklungschancen des Ensembles und seiner Themen zu gewinnen. So beinhaltet sie neben einem ausführlichen historischen und konzeptionellen Teil die Darstellung der räumlichen Ausgangssituation (Vermessung), eine planerische Auseinandersetzung mit den Freiräumen (Landschaftsarchitektur), eine bauhistorische Untersuchung des Bestandes (Bauforschung), eine planerische Auseinandersetzung mit den Gebäudepotentialen (Architektur), die Grundlagenermittlung zu Anforderungen an technische Medien (Gebäudetechnik) sowie Aspekte der Gefahrenvermeidung (Brandschutz). Es wurden der Kostenrahmen für die einzelnen Sanierungsphasen ermittelt und ein Investitions- und Finanzierungsplan erarbeitet. Die erarbeiteten Entwürfe sehen eine Nutzung der Synagoge als zentralen Veranstaltungsraum für Gebet, jüdische Feiertage, Konzerte, Bildungs- Veranstaltungen, Tagungen u.a. öffentliche Anlässe vor. Die Jüdische Schule soll in ihrem Erdgeschoss ein Büro, BesucherInnen-Toiletten und ein kosher- vegetarisches Bistro aufnehmen – im Ober- und Dachgeschoss Gäste- Apartments für die künftigen BesucherInnen und Gäste des Ensembles (jüdische BesucherInnen, Schulklassen, MusikerInnen, Seminargäste, TouristInnen u.a.). Ein kleines Nebengebäude an der Stelle des früheren Schlachthauses soll die sommerliche Nutzung für Veranstaltungen unterstützen. Während das denkmalgeschützte Wohnstallhaus und das kleine Austraghaus des benachbarten, denkmalgeschützten Hofes als Wohnort für die künftigen BetreiberInnen des Projekts vor Ort vorgesehen sind, ist in der Scheune ein einfacher, sommerlicher Veranstaltungsraum und ein Heuhotel mit kleinem Sanitärraum geplant. Der alte Bauerngarten des Anwesens soll wieder als solcher hergestellt werden.